…letztes Jahr um diese Zeit befand ich mich wie auf einer Klippe. Zwischen Angst, Vorfreude, Glück und Trauer.

…Zuhause weg, Jobs gekündigt…

Dass das möglich war! Welch ein Glück.

Arbeitsvertrag nur 3 Wochen? Ich geb’s zu – ich habe geweint.

Leben auf einem Kreuzfahrtschiff
Auf dem Schiff angekommen – das fühlt sich mehr als merkwürdig an. Man fliegt nicht mal 3 Stunden und schwupp…. hat man ein NEUES ZUHAUSE, einen NEUER JOB, spricht eine ANDERE SPRACHE und hat komplett FREMDE MENSCHEN um sich herum.
Auf dem Schiff geht alles ganz schnell, ankommen, Papiere ausfüllen, Koffer auf die Kabine bringen, zum Schneider seine Uniform holen und zack stehst du auf deinem neuem Arbeitsplatz und hast keinen Plan vom Ablauf. Bevor ich überhaupt denken konnte hatte ich auch schon den ersten Gast. Da wird man wirklich, wie sagt man so schön, ins kalte Wasser geworfen.
Das erste Mal ablegen am Abend war verrückt, das Schiff wiegte sich in den Wellen und ich habe es tatsächlich gewagt. Unglaublich!!!
7 Tage die Woche – 10 Stunden am Tag
In den ersten 3 Wochen spürte ich schnell, dass 3 Wochen auf KEINEN Fall schnell vergehen und die Sehnsucht unendlich war. Während der Massagen starrte ich stundenlang grinsend raus aufs Meer und dachte an die letzten Woche Zuhause, die einfach unglaublich schön waren. In der anderen Zeit versuchte ich mich abzulenken. Mit Sport, Party in der CrewBar und beim Shanty Chor. Oder ich verlief mich auf meinem Weg zur Kabine, so konnte ich auch Zeit rumkriegen.
Die Abläufe auf Arbeit gingen mir schnell in Fleisch und Blut über und das Arbeiten – 7 Tage die Woche, 10 Stunden am Tag – machte mir riesigen Spaß. Nach 5 Tagen konnte ich das erste Mal an Land gehen. Fuerteventura, welch ein Gefühl. Ich stand vor diesem großen Schiff, was jetzt mein Zuhause war. Die Gefühle überschlugen sich. Ein paar Meter weiter der Strand. Also saß ich Ende Januar in meiner MITTAGSPAUSE bei 23 Grad am Strand von Fuerteventura. Kaum zu glauben.
Die nächsten Stop’s waren Lanzarote, Mallorca (der Heimathafen), Lissabon und Gibraltar. Lissabon stand schon ewig auf meine Liste und da war ich nun mit meinem Zuhause in Lissabon. Der Hafen von Lissabon liegt direkt vor der Stadt und da Lissabon treppenartig angelegt ist, ist der Blick vom Schiff aus allein schon ein Highlight. Ich lief durch die Gassen und ass Pastel de Nata und sah einen der schönsten Sonnenuntergänge. In Gibraltar habe ich es sogar auf die Affenfelsen geschafft. Trotz großer Sehnsucht hatte ich eine tolle Zeit, es war ein grandioses Abenteuer. Es ist unglaublich viel Arbeit, das darf man nicht vergessen aber trotzdem ist es ein einmaliges Erlebnis.
Spontan den Halbmarathon in TelAviv laufen.
Nach 3 Wochen, die sich anfühlten wie Monate, ging es wieder nach Hause. Wiedersehensfreude hoch 1000. Welch ein Gefühl.
Zwei Wochen sollte ich jetzt Zuhause sein. Da mein Freund schon eine Reise nach Tel Aviv weit vorher gebucht hatte und die 5 Tage genau in meine Heimkehr fielen, bin ich kurzer Hand mitgefahren. Also ging es gleich weiter nach Tel Aviv zum Halbmarathon. Lustigerweise trafen dort seine und meine Laufgruppen aufeinander und so hatten wir tolle 5 Tage. Wir genossen den Strand, schlenderten über Märkte, besuchten Jerusalem, wurden aus einer Moschee geschmissen und liefen unseren ersten Halbmarathon zusammen von Start bis zur Ziellinie. Welch eine Vertrautheit. Unbeschreiblich schöne Tage.
Im ganzen Glück habe ich total verdrängt, wie mein weiterer Plan war und immer wieder kam der Gedanke, “Ich muss ja nicht gehen – ich habe ja schließlich noch keinen Vertrag unterschrieben.” Als der neue Vertrag in meinem Postfach eintrudelte schlug mein Herz bis zum Hals. Gehen oder Bleiben? Es ist alles so vertraut und perfekt. Aber andererseits wollte ich auch gerne meinem Traum nachgehen. Schweren Herzens habe ich meinen zweiten Vertrag auf dem Schiff unterschrieben und nun saß ich auch schon im Flieger nach Marseille. Habe wieder Abschied genommen, aber es fühlte sich richtig an und unsere Gefühle fühlte sich stark an.
Wir sitzen im selben Boot.
So startete das Kreuzfahrtschiffabenteuer Nr. 2. Ich lebte jetzt tatsächlich 100 Tage im Mittelmeer auf einem Kreuzfahrtschiff, war sehr selbstbestimmt und litt an Vermissung. Es gibt auf dem Schiff 2-Bett Kabinen, wenig Freizeit, kaum frische Luft, selten ein Lieblingsessen und Kontakt nach Hause wird teuer. Aber es ist auch toll eine Runde auf Mallorca am Strand zu drehen und die erste morgens in Barcelona von der Kathedrale La Sakrale Familia zu sein. Die Crew auf so einem Schiff wächst einem schnell ans Herz, schließlich verbringt man sehr viel Zeit zusammen auf engstem Raum. Wir saßen wortwörtlich im selben Boot.
Wir haben zusammen gelacht, gesungen, geweint, geflucht, getanzt, geschwiegen …. wir feierten zusammen die Taufe des Schiffs, wir sahen gemeinsam die schönsten Sonnenuntergänge auf dem Meer, wir freuten uns über Delphine und den wöchentlichen ShantyChor. Wir verfluchten die Kabineninspektion und das Sicherheitstraining in der Freizeit. Wir freuten uns über Obst und über kalte Pommes in der CrewMess. Wir freuten uns über überlebte Seetage und Trinkgeld und feierten regelmäßig Geburtstage sowie Abschiede. Wir hielten in Gibraltar, Barcelona, Mallorca, Agadir, Cadiz, Valencia und Fuerteventura. Ich freute mich über den Besuch meiner Mama und über Freunde, die ich eine Stunde im Hafen von Lanzarote treffen konnte. Ich traf Follower und Angehörige von Freunden. Ich machte fast täglich Sport und wir leerten einige Flaschen Wodka. Das Highlight alle paar Wochen waren Saunagänge für die Crew und Sterne gucken vom Crewdeck. Wir stoppten in Malaga und Teneriffa. Das Leben meinte es gut mit mir und so hatte mein Schiff einen Tag eine Overnight. Das heißt es steht die komplette Nacht im Hafen- in meinem Fall war es Barcelona. Weil die Sehnsucht unendlich war, hatte mich mein Freund in Barcelona für nicht einmal 24 Stunden besucht. Glück Glück Glück.
Einmal durchs Mittelmeer und zurück.
Mehr kann ich dazu nicht sagen. Danach änderte sich unsere Route und wir fuhren weiter nach Italien und Griechenland. Dort gab es in jedem Hafen, wenn es die Zeit hergegeben hat, Pizza. Unsere Stops waren: Civitavecchia, Nepal, Sardinien, Sizilien, Valetta, Korsika, Kreta, Santorini, Athen, La Spezia. Valetta wurde unser neuer Heimathafen, ein schöner Ort. Ich konnte auf dieser Tour zwei weitere Traumziele von meiner Liste erleben. So war ich eines morgens um 8 Uhr auf der Akropolis in Athen und sah an einem anderen Tag in die blauen Kuppeln in Oia auf Santorini. Lang gewünschte Ziele. So vergingen in 103 Tagen ein verrücktes Leben und Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff. Mit Höhen und Tiefen.
Ich habe 2 Kontinente bereist und wir haben in 22 verschiedenen Häfen halt gemacht. In den 15 Cruises habe ich 576 Gäste massiert. Ich habe 28 Seetage und 11 Cabininspektions überlebt. Ich war 45 mal Laufen und habe über 600€ an W-lan kosten ausgeben. Ich denke gerne an die Zeit und die Menschen, die ich dort kennenlernen durfte zurück. Ich habe so viel erlebt, die Zeit hat mich geprägt und auch stark gemacht. Man lernt die einfachen Dinge im Leben schätzen. Wie zum Beispiel ein Fenster zu öffnen. Ich, für mich, habe auch gelernt, dass Mut belohnt wird und ich bin immer noch unglaublich Stolz, dass ich das allein durchgezogen habe – obwohl ich natürlich nie alleine war.
..I’m coming home, I’m coming home ..
Tell the world I’m coming home..
Am 20.Mai 2019, ein wundervoller Tag, ging es mit dem Flieger von Valetta über München nach Hause.
Diese Gefühle lassen sich nicht beschreiben aber ich kann die Gefühle in mir zurückrufen. Wunderschön. Einfach Wunderschön. Ich wusste gar nicht, dass ich so etwas spüren kann. Vorfreude und Glück. Da war ich wieder zurück und hatte ein neues zauberhaftes Zuhause. Was sich so richtig nach Zuhause anfühlte. Nach den letzten Monaten, auch mit der Zeit vor dem Schiff, war das ein riesiges Geschenk ein Zuhause zu haben und ich bin so unendlich dankbar für diese Offenheit und das Vertrauen.
Ich war etwas überfordert. Jetzt war ich wieder da und wusste gar nicht so richtig wie mein Leben weitergeht. Wer mir schon länger folgt weiß, dass ich die letzten Jahre sehr eisern für eine Weltreise, die 2019 stattfinden sollte, gespart habe. Nun war mein Leben ja mehr als einmal komplett durchgeschüttelt. Was mache ich jetzt? Neuer Job? Reisen? Wohin will ich? Der Sommer verging und es war ein wanken zwischen der Liebe und das Leben genießen, heulend da sitzen und Angst vor der Zukunft haben, den Sommer genießen, Freunde treffen, Sport machen und Reisen. Ich war mehrfach an der Ostsee, in Dresden, bin mit einer Freundin durch die Sächsische Schweiz gewandert, war mit meiner Sis in Rostock und habe eine Freundin in Österreich besucht – wo mir ein weiterer Traum erfüllt wurde. Ein Besuch am Eibsee – einer der schönsten Seen Deutschlands.
Das Leben genießen ist doch schwerer als gedacht.
In Österreich habe ich die Natur und das ruhige Leben genossen. Bin zum Wasserfall gelaufen, bin mit einem Mountaincar den Berg herab geflitzt und habe mich mutig am Paragliden versucht. Im Sommer musste ich mich noch ein Mal verabschieden von meinem geliebt Nurzelbär. In der Heimat war ich im Freiluftkino, auf einer Radarstation, im Kletterpark, habe meine Pflanzen verwöhnt und eine Sukkulenten Liebe entwickelt. Ich habe meine neue Umgebung mit dem Rad erkundet, war auf dem Trödelmarkt, auf einer Hochzeit, habe Katzen und Bienen gepflegt und ich habe fast alle meine Kisten, die in der Stadt verteilt waren, wieder eingesammelt und den Marathon vorbereitet. Ich war mit Freunden in Schwerin Halbmarathon laufen, war auf einem Konzert, feierte eine Babyparty, habe mit meinem Neffen Bowling gespielt, durfte neue Freunde kennenlernen und habe im Juli auf Sylt gefroren. Ich habe an der CityNight, beim B2Run, dem Mauerwegslauf, und dem SportScheck Run teilgenommen. Wirklich großartige Momente. Doch ich saß einfach auch immer wieder da, zweifelnd, heulend und voller Angst. Ich habe mich einfach unendlich nutzlos gefühlt. Es war wirklich nicht einfach und somit habe ich mich entschieden mir einen neuen Job zu suchen. Also bewarb ich mich.
Glücksjahr – Marathon unter 04:00:00 Stunden
Derweilen waren wir noch in München und wer hätte das gedacht gleich zum zweiten Mal in einem Jahr am Eibsee und auf der Zugspitze. Das war wirklich ein Jahr des Abarbeiten der Liste: Things you have to do before you die / places to see before you die. So besuchte ich dieses Jahr das Münchener Oktoberfest, welches ich schon immer besuchen wollte. Bei dieser Reise habe ich auch den Halbmarathon am Tegernsee gefinished.
Mitte September fing ich mit meinem neuen Job an. Es war kein leichtes für mich. Nach einer großen Umstellung und nach täglichen Bauchschmerzen auf dem Weg zur Arbeit, habe ich mich jetzt gut eingearbeitet. Ende September der Berlin Marathon. Versuch Nr. 3 die 4 Stunden Marke zu knacken. Glücksjahr, ich sag es ja… 3:50:03 Finnischer Zeit. Zwei Wochen nach diesem Erlebnis, ging es doch tatsächlich nach Chicago. Eine schöne Stadt. Auch dort lief ich den Chicago Marathon. Mehr über den Chicago Marathon und ob sich die Reise lohnt erzähle ich euch in einem extra Blogpost. Wieder zuhause wurde gearbeitet, am Halloween Lauf teilgenommen und ein Baum gepflanzt. Freunde wurden getroffen und sich beim Hohen Neuendorf Herbstlauf die Bronzemedaille erlaufen.
Der Job, das Arbeiten beruhigte zwar mein Gehirn in der Weise mich nicht mehr nutzlos zu fühlen, dafür sind meine Gedanken bis heute leider viel viel viel zu oft damit beschäftigt sich zu fragen, ob ich gut genüge. Über meinen Geburtstag im November ging es in eine gemütliche Kuschelhütte in den Harz, wo der Brocken beklommen wurde und es mit der Megazipline über eine Talsperre ging. Nebenbei gab es eine Teilnahme am Schmalzstullenlauf und beim Herbstlauf in Hermsdorf.
Es wurde das süßeste Baby überhaupt im Freundeskreis gefeiert und ich war nebenbei natürlich laufen. Ich habe ein Huhn geschenkt bekommen, bin über Weihnachtsmärkte geschlendert und habe mich fortgebildet. Ich habe in heimlicher Mission einen Adventskalender gebastelt, wurde zum Borussia Gladbach Fan und habe das erste Mal Fleisch Rouladen gekocht. Und wieder ein Punkt zum Abhaken – ich war beim Weihnachtssingen in der Alten Försterei und hatte ein entspanntes, leckeres Weihnachtsfest.
Schöner hätte mein Jahr nicht sein können. Wieviel Glück auf meiner Seite ist, kann ich kaum glauben. Ich bin einfach so unendlich Dankbar. Die Sonne scheint für mich und ich hätte mir niemals erträumt, dass das Leben so schön sein kann.
Das nächste Jahr wird auch spannend, aufregend und
ich freue mich sehr doll auf alles was kommt.
Wow, extrem mutig und inspirierend. Danke für das Mitnehmen auf diese – im wahrsten Sinne des Wortes – Reise. 2019 hat für dich so viele Dinge geboten, auf die du stolz sein kannst. Am meisten wohl auf deinen Mut. Das bewundere ich sehr (und ja, okay, deine Marathon-Zeit ist auch ein weeeenig beeindruckend 😋).
Mach weiter so und 2020 wird bestimmt ebenso famos werden! 🙂
Meine Liebe Tabea ❤️
Ich war ja fast das ganze Jahr so gut wie immer dabei (wenn auch zum Ende hin nur über das Telefon).
Ich habe mit dir so viel gelacht und auch geweint😅
Das jetzt zulesen gibt mir Mut für mein 2020.
Ich habe keinen Plan was auf mich zukommt aber du hast das beste aus deinem 2019 gemacht 😊
Ich bin so froh das ich dich kennen lernen durfte!
Du insperierst mich immer wieder ❤️
Eine weiße Frau hat mir mal einen Luftballon mit der Nachricht geschickt: “wenn der Plan endet, obwohl man noch keinen neuen hat… Muss man ganz stark sein”
Und das werde ich sein!
Ich hab dich ganz doll lieb Tabea, ich freue mich über all deine Storys im nächsten Jahr, wünsche dir natürlich nur das erdenklich beste für 2020!
Vermiss dich sehr! ❤️
#tabeaistschuld #crewloveistruelove #seeeeeenad #jaaaamaaaaan
Ein wirklich ereignisreiches Jahr! Ich weiß noch wie ich dich nach dem Neujahrslauf nach deiner geplanten Weltreise fragte und du sagtest, dass alles noch offen, bzw eine Überraschung sei. Damals bangtest du also noch um deinen Vertrag….und was hast du seitdem alles erlebt…. Ich hoffe 2020 wird wieder ein ganz tolles Jahr für dich!
Liebe Tabea, ein Wahnsinns Jahr. Schön, das du nach dem großen Tief so viele schöne Hochs erleben darfst. Mach weiter so.
Herzliche Grüße, Tina